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F R I E N D S H I P

EINE GESCHICHTE ÜBER FREUNDSCHAFT

Wir schreiben das Jahr 2005. Ich stecke in Köln und habe gerade die Dreharbeiten zu einer Serie beendet für die ich drei Jahre tagein, tagaus vor der Kamera stand und zuvor meine Schule in England dafür unterbrochen hatte. Mit einem bis zum Rand vollgestopften Mini und dem Plan meine Schule zu beenden, trete ich den Weg in Richtung Fähre an, die mich zurück nach England bringen soll. Ankunft irgendwann nachts. Linksverkehr mit einem linken Lenkrad. Gewagt. Erstaunlich sicher bringe ich meine Mutter, mich und meine mitgebrachte Fracht ans Ziel. CATS Cambridge: Das soll sie nun also sein – meine Heimat für die kommenden zwei Jahre.

 

Am Morgen kurz meine Mutter verabschiedet, gefrühstückt und was sonst noch zur morgendlichen Routine dazugehört, und der Spaß kann beginnen. Ich gehe durch die Kantine. Relativ schnell höre ich einen Akzent und schnappe ich Wörter auf, die mir irgendwie bekannt vorkommen: Ze Germans. Hach, schön. Ein wenig Heimat. Ich gehe auf den Tisch zu. Nette Gesichter. Allgemeines Händeschütteln. Unter anderem mit einer Dame namens Veronika Natter, kurz „die Vroni“. Direkte Sympathie und direkte Einladung zu einem Umtrunk bei Vroni und Vicki. „Wie schön“, denke ich und freue mich über den gelungenen Start im neuen Zuhause.

 

Auf einen Freitag oder Samstag trudelt eine bunte Truppe dann also bei Vroni und Vicki ein. Es gibt viel Wodka oder anderes Hochprozentiges, was auf einer echten Teenie Party nicht fehlen darf. Es ist jedenfalls irgendetwas, was mir ziemlich gut zu schmecken scheint. Völlig jenseits von Gut und Böse mit gefühlten 8 Promille finde ich mich irgendwann im Laufe des Abends in einem Club wieder. Alle anderen habe ich verloren. Aber keine Panik - ich werde sie wiederfinden. Ein paar Stunden später als mich eine liebevolle Stimme aus dem Schlaf wachrüttelt. Vroni steht vor mir im Club, in dem ich kurzerhand ein Nickerchen eingelegt habe. Ziemlich schlaftrunken, aber ein bisschen nüchterner watschele ich ihr hinterher. Wir nehmen ein Taxi. Gute Idee. Kids, don’t drink and drive. So viel wissen wir schon mal. Was wir allerdings zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen, dass der Taxifahrer kurz darauf unsere etwas angeschwipste Situation ausnutzen würde.

 

Mit einem schmierig-charmanten Lächeln und ziemlich grabbeligen Fingern steckt Vicki plötzlich eine Hand im Dekolleté. In zeitlupenartiger Reaktion – ob der akuten Sinnesbetäubung - gibt sie dem Herrn Taxifahrer zu verstehen, dass er das lassen solle. So richtig interessieren scheint es ihn  aber nicht. Er fühlt sich sogar noch bestätigt. „Krass.“, denke ich auf der Rückbank. So sehen sie also aus diese Übergriffe von denen man in der Zeitung liest. „Was macht man denn da?“ Lange muss ich nicht nachdenken, da platzt mein Geistesblitz schon aus mir heraus: „Mädels, wenn wir gleich aussteigen haue ich dem Vogel eins auf den Kopf.“ „Nein!!!“ Allgemeine Besorgnis. Aber der Plan hat sich bei mir in den Kopf gebrannt. Zugegebenermaßen sicherlich auch noch durch ein vom Restalkohol latent aufgeputschtes Selbstbewusstsein. Gesagt. Getan. Beim Aussteigen packe ich meine Tasche und schwups – landet sie auf dem Kopf des Schmierfink. Ich erinnere mich, wie ich parallel „Laaaaauft!!!“ schreie. Und wir laufen. Hinter uns die schimpfende Stimme des Fahrers.

Das war der erste Abend mit Vroni, an den ich mich  erinnere. Kurz darauf musste ich Cambridge für eine andere Station in England wieder verlassen. Diese Geschichte erzähle ich allerdings ein anderes Mal. Vroni und ich haben uns daher für viele Jahre aus den Augen verloren. Irgendwann bekam ich dann einen Anruf: „Hey Nike, ich lebe jetzt auch in Berlin.“ Seitdem sehen wir uns regelmäßig. Nicht häufig. Aber es gibt diese Menschen, bei denen es klickt. Egal, ob du dich einmal im Jahr, alle drei Jahre oder alle drei Wochen siehst. Irgendwie setzt du direkt immer wieder dort an, wo du zuvor aufgehört hast. Und irgendwie ist jede Begegnung eine Bereicherung. Und so ist es mit der Vroni.

 

Ich setze mich also vor ein paar Wochen in ihre Küche, sie schenkt mir einen Tee ein und gibt mir ein Stück von ihrem selbstgebackenen (äußerst leckeren) Kuchen und ich fühle mich wohl. Wir reden über Männer, beziehungsweise ich rede über Männer und Vroni hört mir zu. Sie erzählt mir von ihrer im Sommer geplanten Hochzeit und vom wunderbaren State Festival, das sie gerade mit ihrem Freund Chris, oh warte, Verlobten Chris in L.A. ausgerichtet hat. Nebenher packt sie ein paar Kleidungstücke in einen Karton, die sie gerade für einen Stylingjob geliehen hatte. Und zeigt mir ihre neusten Fotoprints. Vroni macht unheimlich tolle Bilder. Ein Multitalent. Vor allem aber ein toller Mensch. Eine sehr eigene und liebenswerte Note für sich. Es ist mittags, ich führe an dem Tag noch ein Interview. „Ich muss los, meine Liebe.“ Herzliche Umarmung und ein Tschüss, bis bald. Bis wir uns wiedersehen und da anknüpfen, wo wir das letzte Mal aufgehört haben.

 

 

Words & Photography Nike Martens

Veronikas  W E B S I T E   I N S T A G R A M 

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